Mache ich mir Illusionen über die Ehe?
Was ist eine Ehe? - Jeder meint es zu wissen. Zwei Menschen, die sich lieben, beschließen einen Bund für's Leben zu schließen, zu einander zu ziehen und gemeinsam ihr Leben zu gestalten. - Eine Illusion?
Wer sich den Artikel dazu bei Wikipedia durchliest, wird viel Neues erfahren. Was war historisch und ist auch heute in den verschiedenen Kulturen möglich und üblich? Wie sind heute bei uns und anderswo die gesetzlichen Regelungen und wie und mit wem werden Ehen geschlossen?
Ich selbst habe zu DDR-Zeiten geheiratet und für uns war klar, dass das Ja-Wort auf dem Standesamt das entscheidende Wort war. Wir haben dann auch noch ein Dokument unterschrieben, aber das war zweitrangig, wie mir schien. Denn ich unterschrieb noch mit meinem "Mädchennamen", wie mir hinterher bewusst wurde und bin dann einen Tag später noch mal hin und habe mit meinem neuen Namen unterschrieben. Meinen Fehler hatte noch niemand gemerkt.
Als wir dann mit der deutschen Einheit zur Bundesrepublik gehörten und ich mir mal im Bürgerlichen Gesetzbuch durchlas, was da zur Ehe steht, war ich sehr erstaunt. Das konnte nach meinem Empfinden doch mehr mit der Gründung einer GmbH verglichen werden als mit dem gegenseitigen Versprechen zweier Menschen ein Leben lang "in bösen und guten Tagen" einander treu zu sein. Die meisten Artikel befassten sich mit dem Thema, was und wie zu geschehen hat, wenn diese "GmbH" aufgelöst werden sollte.
Dass solche Reglungen heutzutage notwendig und sinnvoll sind, will ich nicht bestreiten, aber Menschen, die sich das vorher alles durchlesen, werden sich sicher dreimal überlegen, ob sie den Gang zum Standesamt wählen oder lieber ohne solche vertragsmäßige Absicherung zusammen leben und in eine Wohnung ziehen.
Wenn wir in der Bibel nachschauen, die uns aus den Zeiten von vor 2-3000 Jahren überliefert, wie es damals um das Verhältnis von Mann und Frau und ihre Kinder stand, wird uns ein illusionsloses Bild dieser Zweisamkeit gezeigt, die damit beginnt, dass die beiden "ein Fleisch werden" ( 1. Mose 2,24 ) und dadurch Eltern von Kindern.
Die Tradition von großen prächtigen Hochzeitsfeiern wird erst von Jesus in seinen Gleichniserzählungen als bekannt vorausgesetzt, also um das Jahr 30 herum.
Dagegen beginnt eine Ehe in biblischen Erzählungen früherer Zeiten, wenn ein Mann sich zu einer Frau legt, wenn sie "ein Fleisch werden". So konnte es passieren, dass einem Jakob, die falsche Frau, nämlich die ältere Schwester seiner geliebten Rahel, ins Bett gelegt wird und er erst am Morgen merkt, dass es die falsche Frau ist, die aber nun bis ans Lebensende die seine ist. Um auch die geliebte Rahel zur Frau zu kommen, musste er noch einmal sieben Jahre für seinen Schwiegervater arbeiten. (1. Mose 29,20-30)
Männer mit mehreren Frauen waren damals keine Seltenheit, erst recht nicht für Könige. Doch erzählen die biblischen Geschichten von sehr viel Problemen in diesen Familien, zwischen Mann und Frau, den Frauen des Mannes, den Kindern, insbesondere den Kindern verschiedener Mütter, nachzulesen im 1. Buch Mose und in dem Bericht über das Leben des Königs Davis in den Samuelbüchern (ab 1. Samuel 16).
Ein Problem war auch damals schon Prostitution, dass ein Mann bei einer Frau schlief und sich Frauen dazu anboten, ohne dass dies das Versprechen von lebenslanger Treue beinhaltete. In solchen Fällen wurde nicht der Mann, sondern die Frau verachtet, wobei in biblischen Erzählungen auch der Mann schlecht bei weg kommt und im Gegenteil die Frau achtungsvoll beschrieben und behandelt wird.
Ehebruch wird so wohl von Seiten des Mannes wie der Frau generell verboten, so im 6. Gebot, das man aber auch übersetzen kann: "Du wirst nicht die Ehe brechen."
Jesus hat dieses Gebot in seiner Bergpredigt noch verschärft und gleichzeitig unerfüllbar gemacht:
"Ihr habt gehört, dass gesagt ist: »Du sollst nicht ehebrechen.« Ich aber sage euch: Wer eine Frau ansieht, sie zu begehren, der hat schon mit ihr die Ehe gebrochen in seinem Herzen." (Matth 5,27f)
Damit war es nicht mehr möglich, dass sich die Einen als die Guten fühlen konnten, die dieses Gebot immer gehalten hatten, gegenüber jenen, die es nicht taten. Der Drang des Mannes, sich auch unabhängig und außerhalb seiner Ehe sexuell zu befriedigen wird verurteilt, nicht aber die Frauen, die das mit sich machen lassen (müssen). Doch sind Frauen nicht generell die Opfer. Schon 1. Mose 39 wird vom Versuch einer Frau erzählt, sich sexuell mit ihrem Sklaven zu befriedigen.
Ganz ohne das Thema der Ehe kommt das "Hohelied der Liebe" aus, einem wechselseitigen Liebesgesang von zwei Verliebten, die gegenseitig die Schönheit des anderen preisen. Erzählt wird die Sehnsucht der Frau nach ihrem Geliebten, der versucht, heimlich zu ihr zu kommen, so dass es niemand merkt, dann aber doch nicht kommt und den sie dann in den Straßen von Jerusalem sucht, "krank vor Liebe" (Hoheslied 4,8).
Dann spricht die Frau von ihrer Sehnsucht: " Lege mich wie ein Siegel auf dein Herz, wie ein Siegel auf deinen Arm. Denn Liebe ist stark wie der Tod und Leidenschaft unwiderstehlich wie das Totenreich. Ihre Glut ist feurig und eine gewaltige Flamme. Viele Wasser können die Liebe nicht auslöschen noch die Ströme sie ertränken. Wenn einer alles Gut in seinem Hause um die Liebe geben wollte, würde man ihn verspotten." - Die Liebe ist keine Illusion und war sie auch damals nicht, sondern eine starke Kraft, ein Schatz, der wertvoller ist als alles andere.